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Wer sich mit dem Thema Röhrenverstärker befasst, stößt früher oder später auf eine Liste mit Vor- und Nachteilen dieser alten Technik. Ganz oben auf der Nachteil-Liste steht der erhöhte Verschleiß von Röhren. Dass Röhren im Laufe der Zeit einmal ersetzt werden müssen, liegt dabei schlicht und ergreifend an der Funktionsweise der Bauteile. Wir betrachten heute die tatsächliche Lebensdauer unterschiedlicher Röhren im Röhrenverstärker und geben Tipps und Hinweise, wie sich diese Lebensdauer verlängern lässt und klären die Frage: Wie lange halten Röhren im Verstärker?
Warum altern Röhren im Verstärker?
Elektronenröhren haben ein hartes Leben: Mit Hilfe eines glühenden Drahtes setzen sie unter Last Elektronen frei und helfen so dabei, leise Signale zu verstärken. Den Weg von der Kathode (also dem “Heizdraht”) zur Anode legen die Elektronen dabei in einem Vakuum zurück. Betrachtet man diesen physikalischen Vorgang wie das Umfüllen von einer Dose mit Schrauben in eine andere, wird klar, dass die Elektronenabgabe nicht unendlich lang fortgesetzt werden kann. Zwar ist die Kathode nicht irgendwann “leer” die Menge der abgegebenen Elektronen nimmt jedoch im Laufe der Zeit ab.
So verliert die Röhre ihre “Kraft” und die Leistung nimmt ab.
Neben der Kathode ist auch die Röhre im Verstärker selbst einigen Belastungen ausgesetzt. Im laufenden Betrieb werden die Röhren im Verstärker durch den Heizdraht stark erhitzt – was bei elektronischen Bauteilen von Haus aus nicht ideal ist und über viele Stunden zu Abnutzungserscheinungen führen kann. Schließlich dehnen sich die unterschiedlichen Komponenten beim Erhitzen aus und ziehen sich ebenso wieder zusammen, wenn sie abkühlen. Zwar bewegt sich das Maß der Ausdehnung im Mikrometer-Bereich, sorgt aber über die Jahre für Belastungen im Material. Materialbelastungen kommen auch in den restlichen Bestandteilen der Elektronenröhren vor: Anoden und Kathoden sind in der Regel beschichtete Elemente. Durch Erschütterungen können diese hauchfeinen Beschichtungen abgelöst werden. Auch dauerhafte Stromlosigkeit kann dazu führen, dass die Kathodenbeschichtung sich ablöst.
Lagerung, Bewegung und äußere Einflüsse tun ihr Übriges, um das Leben der Röhren im Verstärker zu verkürzen – sie altert. Doch wie schnell?
Wie schnell altern die empfindlichen Verstärkerbauteile?
Alle genannten Faktoren führen dazu, dass Verstärkerröhren ihre Leistung einbüßen und im weiteren Verlauf nicht mehr so klingen, wie wir es uns vom Hifi-Röhrenverstärker oder dem Gitarrenamp wünschen. Die Frage nach der Lebensdauer ist dabei nur schwer zu beantworten. Unterschiedliche Bauteile reagieren unterschiedliche stark auf die belastenden Momente und können so sehr abweichende Lebensdauern erzielen. Alle Aussagen sind daher als Richtwert zu verstehen und können sowohl über- als auch untertroffen werden.
Lebensdauer von Vorstufenröhren
Vorstufenröhren wie ECC81 oder 12AX7 sind deutlich geringeren thermischen Belastungen ausgesetzt als Endstufenröhren. Die bei Gitarrenverstärkern besonders für die Klangfarbe verantwortlichen Röhren werden in der Regel mit Laufzeiten von bis zu 10.000 Stunden angegeben. Anders als Endstufenröhren ist der häufigste Grund für einen Vorstufenröhrenwechsel beim Gitarrenamp daher auch nicht der Röhrendefekt, sondern vielmehr der Wunsch nach einem veränderten Klang des Verstärkers.
Achtung: Wenn Vorstufenröhren ausgetauscht werden, um einen anderen Klang zu erreichen, sollten die ausgebauten Elektronenröhren vorsichtig und idealerweise aufrecht stehend gelagert werden. So wird das Innere der Bauteile nicht zu sehr belastet und sie können auch nach mehreren Jahren wieder eingesetzt werden.
Lebensdauer von Endstufenröhren
Endstufenröhren sorgen im Verstärker für den finalen Schub und die notwendige Ausgangsleistung, um die angeschlossenen Lautsprecher mit ausreichend Pegel zu versorgen. Die stärkere Alterung der Röhren im Verstärker entsteht daher vor allem durch die höhere thermische Belastung. Durch die hohe Leistung dieser Elektronenröhren werden Laufzeiten von ca. 2000 Stunden erreicht – immer abhängig von der Auslastung der Röhren im Verstärker. Beim Wechsel der Endstufenröhren muss darauf geachtet werden, dass der Ruhestrom (auch Bias genannt) korrekt eingestellt wird. Ein falsch eingestellter Bias führt zu unerwünschten Klängen und fehlender Genauigkeit bei der Wiedergabe. Wird der Bias außerdem zu hoch angesetzt laufen die Endstufenröhren zu heiß und auch dies beschleunigt den Verschleiß deutlich.
Hifi-Röhrenverstärker vs. Instrumentalverstärker
Bei der Frage nach der Lebensdauer einer Röhre kommt es neben der Bauart und der tatsächlichen Belastung auch darauf an, in welcher Art von Röhrengerät das jeweilige Bauteil verwendet wird. In der Regel nutzen sich Röhren beim Einsatz in Gitarrenverstärkern deutlich schneller ab, als in Hifi-Verstärkern. Der Grund dafür liegt in der Art der Nutzung: Während Instrumentalverstärker besonders mit dem Verzerren bei hoher Last spielen, wird bei Hifi-Geräten eine möglichst neutrale und originalgetreue Wiedergabe angestrebt.
Besonders, wenn der Zerr-Sound durch die Endstufenzerrung erreicht werden soll, muss die Röhre bis in die absolute Lastspitze gefahren werden. Die hierdurch erreichten Belastungen (insbesondere thermisch) verkürzen die Lebensdauer der Bauteile.
Übrigens: Bei der typischen Röhrenverzerrung handelt es sich klassisch um die Übersteuerung der Endstufenröhren. Da die damit verbundene, extreme Lautstärke nicht immer gewünscht ist, setzen die meisten Hersteller beim Erreichen des Overdrive-Klangs auf eine Vorstufenzerre.
Der richtige Umgang – lebensverlängernde Maßnahmen
Um möglichst lang etwas von der Verstärkerröhre zu haben, sollten einige Grundsätze im Umgang mit Röhrenverstärkern beachtet werden. Wir haben die wichtigsten Regeln zusammengestellt:
Mechanische Belastungen vermeiden
Elektronenröhren sind grundsätzlich unempfindliche Bauteile und so stabil gefertigt, dass sie auch höchsten thermischen Belastungen standhalten können. Was ihnen jedoch überhaupt nicht gefällt, sind mechanische Belastungen. Das dünne Glas der Vakuumröhren ist dabei ebenso empfindlich, wie die feinen Glühdrähte oder Anschlusspins. Beim Umgang und bei der Lagerung von Elektronenröhren gilt es daher, Erschütterungen und Schläge so gut es irgend geht zu verhindern.
Aufwärmen und Abkühlen
Die Hauptbelastung, die im Betrieb auftritt, ist die thermische Energie im Inneren der Röhren. Beim Betrieb können sehr hohe Temperaturen erreicht werden. Diese führen dazu, dass sich die feinen metallenen Bauteile im Inneren ausdehnen und zusammenziehen. Um die Belastungen des Materials möglichst gering zu halten, sollte darauf geachtet werden, dass Verstärkerröhren vor dem Betrieb angewärmt werden. Hierzu sollten Röhrenverstärker zunächst im Standby aufgewärmt werden, um erst einige Minuten später in den Vollbetrieb zu gehen. Auch das Abkühlen der Röhren gehört zum guten Umgang: Nach Ausschalten des Verstärkers sollten die Röhren genügend Zeit bekommen, sich an die Umgebungstemperatur anzupassen.
Achtung: Schnelles Ein- und Ausschalten kann dazu führen, dass die Bauteile das Ausdehnen und Zusammenziehen nicht schnell genug vollführen können und so mikroskopisch kleine Beschädigungen zum Ausfall oder zu Klangeinbußen führen.
Leistungsspitzen
Die größten Belastungen treten bei Elektronenröhren durch die Hitze im Betrieb auf. Dabei ist die tatsächliche thermische Belastung davon abhängig, wie stark der Heizdraht im Inneren des Bauteils angefeuert wird. Um möglichst viel Leistung zu erbringen, muss auch die Elektronenemission angekurbelt werden – die Temperatur steigt. Wenn starke Verzerrungen erreicht werden sollen, muss die Vor- bzw. Endstufe dauerhaft auf hohem Pegel laufen. Das führt in der Folge dazu, dass die Lebensdauer der Bauteile verkürzt wird.
Um eine möglichst lange Lebensdauer zu erzielen, sollte daher auf extreme Leistungsspitzen verzichtet werden – einem Lead-Gitarristen ist das jedoch nur schwer beizubringen….
Pflege
Grundsätzlich sind Elektronenröhren recht unempfindliche Bauteile, die keiner besonderen Pflege bedürfen. Besonders beim Ein- und Ausbau der Vakuumröhren sollte jedoch darauf geachtet werden, dass die Kontaktstifte der Röhre sauber und frei von Verunreinigungen sind. Kommt es zu einem schlechten Kontakt zwischen Sockel und Kontaktstift, können sich Klangfehler einschleichen. Um diese Probleme zu umgehen, empfiehlt es sich, die Kontaktstifte der Elektronenröhren von Verunreinigungen zu befreien. Bei stark oxidierten Bauteilen kann auch ein sehr feines Schmirgelpapier genutzt werden, um die Metallstifte wieder freizubekommen. Bei der Reinigung von Röhrenverstärkern sollte darauf geachtet werden, dass gerade im Innenraum der Amps keine ungeeigneten Reinigungsflüssigkeiten eingesetzt werden. In der Regel reicht ein einfaches Abwischen der Bauteile für die Pflege völlig aus.
Wann sollten Vakuumröhren ersetzt werden?
Im Grunde sind Elektronenröhren immer dann zu ersetzen, wenn sich erste Fehler oder Soundverluste erkennen lassen. In der Regel kündigen sich diese Probleme über eine lange Zeit an und schleichen sich in den Klang ein. Rauschen, Knacksen oder ein erhöhtes Feedback-Verhalten kann dafür sprechen, dass die Vor- oder Endstufenröhren ausgetauscht werden sollten. Wann dieser Punkt einsetzt, lässt sich nur schwer voraussagen. Grundsätzlich sind schleichende Sound-Veränderungen nur schwer zu erkennen. Gefällt der Klang des eigenen Verstärkers auf einmal nicht mehr, sollte über einen Röhrentausch nachgedacht werden – häufig ist diese Frischekur mehr wert, als ein komplett neuer Amp!
Gibt der Amp keinen Laut mehr von sich, hilft oft ein Blick ins Innere weiter: Sind offensichtliche Defekte an den Elektronenröhren zu erkennen, sollte die betreffende Elektronenröhre im Verstärker ausgetauscht werden. Schwarzes Glas, milchig verfärbter Getter, fehlendes Glühen im Betrieb oder mechanische Beschädigungen sind klare Zeichen für einen Röhrentausch.
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Bildquellen:
Beitragsbild: © peuceta – stock.adobe.com
Leuchtende Röhre: © simone_n – stock.adobe.com
Röhrenaustausch mit Handschuhen: © kustvideo – stock.adobe.com
Frontpartie eines Gitarrenverstärkers: © tomgigabite – stock.adobe.com