High-Gain Amps

Dies kan« Alles zu legendären Modellen und dem unnachahmlichen Sound »

Fette Rhythmusgitarre, sahnige Soli und kreischende Riffs – High-Gain-Amps und Sounds gehören in Rock, Metal und Co. einfach dazu. Um diese Sounds zu kreieren, begannen Gitarristen bereits in den 1960er Jahren damit, ihre Amps vor immer neue Herausforderungen zu stellen. Dabei waren viele dieser Pioniere gleichzeitig die größten Gitarristen einer ganzen Generation. Von Pete Townshend bis zu Jimi Hendrix – sie alle haben dazu beigetragen, den verzerrten Sound der Metal und Hard Rock Szene zu erschaffen. Wir betrachten heute einige der legendärsten Röhrenverstärker, die klassisch den härteren Genres zugeordnet werden und begeben uns auf eine Reise in die Vergangenheit der verzerrten Gitarrensounds.

Eine kurze Geschichte des High-Gain Verstärkers

Was heute aus der Musik nicht mehr wegzudenken ist, war zu Beginn der E-Gitarren-Welle der 1950er und 1960er Jahre ein Extrem. Damals wurden Röhrenverstärker dazu verwendet, möglichst klare und unverzerrte Klänge aus den Instrumenten zu holen. Röhrensättigung und relativ niedrige Wattzahlen brachten jedoch einen geringen Headroom mit sich – also die Fähigkeit, auch bei hohen Lautstärken klare Signale auszugeben.

Einer der führenden Köpfe bei der Entwicklung neuer Verstärkermodelle war der britische Amp-Hersteller Jim Marshall. Dieser entwickelte gemeinsam mit seinen Mitarbeitern 1962 den JTM 45! Heute auch als DER Plexi bekannt. Der neu entwickelte Schaltkreis setzte auf die Kraft der Röhrenverzerrung und stieß bei The Who Gitarrist Pete Townshend auf einen innovativen Abnehmer. Nach immer weiteren Optimierungen kam 1968 schließlich der JMP 100 Superlead auf den Markt. Der 100 Watt starke Plexi gilt heute als der Inbegriff des weltberühmten und gefeierten Plexi-Sounds, ohne den Hardrock und Metal heute wohl deutlich anders klingen würden.

Marshall JTM 45

Mit Aufstieg der fetten Marshall-Stacks kam natürlich auch die Konkurrenz auf den Markt. So brachten Laney, Randall, Mesa/Boogie und schließlich Soldano eigene Varianten des Röhrenamps auf den Markt und fanden mit Gitarristen von Rudolf Schenker bis Kirk Hammett dankbare Abnehmer.

Spätestens seit dem Aufkommen des Heavy Metal in den 1980er Jahren waren dann alle Tore offen und die Anzahl der Hersteller klassischer High-Gain Amps stieg immer weiter an. Unterstützt von digitaler Technik, Effektgeräten und modernen Fertigungsmethoden bieten sich dabei auch abseits der Röhre auch heutzutage noch immer neue Klangmöglichkeiten.

Amp-Kit Plexi 45

Technische Besonderheiten – was macht High-Gain Amps so besonders?

Fetter Klang, harte Verzerrung – klar, so muss sich ein guter High-Gain Amp anhören. Doch was steckt hinter den verzerrten Sounds? Wir betrachten die technischen Besonderheiten der entsprechenden Röhrenamps. Um auf der großen Bühne und bei großer musikalischer Breite das gewisse Extra zu liefern und die vorrangig mittigen Frequenzen der Gitarren gut zu präsentieren, arbeiten die meisten Hersteller von sogenannten High-Gain Verstärkern mit tendenziell höheren Leistungen. Dem Beispiel von Jim Marshall folgend galt lange Jahre die “100-Watt-Regel”: Alles was unter 100 Watt lieferte, hatte nichts im Hardrock/Metal zu suchen.

Diese Denkweise ist mittlerweile zwar aufgebrochen, dennoch sind hochkarätige Röhrenamp-Modelle in der Regel auf größere Leistung ausgelegt.

Metallica - O2 Arena 2008

Vorstufe

Einen großen Anteil an den aggressiven Zerrsounds haben beim Röhrenamp die übersteuernden Vorstufenröhren. Die dabei entstehenden, als Distortion bezeichneten Sounds zeichnen sich durch einen sehr harten, weniger harmonischen Charakter aus und geben der verzerrten Gitarre einen schneidenden, sehr durchsetzungsstarken Sound.

Entsprechend werden bei High-Gain Verstärkern hart ansprechende Vorstufenröhren eingesetzt. Beim Dual Rectifier von Mesa/Boogie kommen etwa die 12AX7A zum Einsatz.

RCA 12AX7 grey plate, USA / NOS High-Gain Amps

Endstufe

Während die Vorstufen im verzerrten Bereich viel Arbeit leisten müssen, sollten die Endstufen entsprechende Reserven mitbringen, um den Headroom für höhere Lautstärken zu liefern. Dabei kommt es beim stark verzerrten Sound nämlich, je nach Spielart, nicht ausschließlich auf eine besonders harmonische Endröhrensättigung, sondern auch auf eine hoch gepegelte Vorstufen-Verzerrung an. Typische Endstufenröhren für diesen Bereich sind zum Beispiel die im Marshall Plexi eingesetzten EL34.

TAD EL34 - STR REDBASE TAD PREMIUM Selected

Legendäre Modelle – 1960er bis heute

Um die Evolution des heutigen High-Gain Amps nachzuvollziehen, haben wir einige der bedeutendsten Röhrenamp-Varianten dieser Kategorie zusammengestellt. Dabei kommt es bei dieser Zusammenstellung weniger auf die Anzahl der produzierten Einheiten oder deren Verbreitung, sondern vielmehr auf die musikalische Bedeutung der Amps in der Geschichte an. Übrigens: Zahlreiche TubeAmpDoctor Amp Kits lassen den Mythos leben. Entdecke  unsere Sets im:

Amp-Kit Plexi 100 with Master Volume

Marshall JMP 100 Superlead

Der Ur-Plexi war Wegbereiter für eine ganze Reihe von einflussreichen Künstlern und einigen der größten Alben der Rockgeschichte. Neben Pete Townshend von The Who nutzten auch Angus Young von AC/DC und Jimmy Page von Led Zeppelin die Verstärker aus dem Hause Marshall.

Die knurrige, harmonische Verzerrung der Röhre eignete sich dabei hervorragend für eine Mischung aus reinen Zerrsounds und harmonischeren Passagen. Dies wurde hervorragend demonstriert von Eric Clapton in seiner Zeit bei Cream.

Laney LA100 BL

Laney ist ein traditionsreicher Röhrenamp-Hersteller, der sich mit dem LA100 BL früh der härteren Gangart der Gitarrenmusik zugewandt hatte. Mit dem LA100 BL gelang der Schritt auf die harten Bühnen in Zusammenarbeit mit Tony Iommi. Der Black Sabbath Gitarrist setzte den 100 Watt Verstärker auf dem stilprägenden Paranoid ein. Dies geschah in Verbindung mit einem zusätzlichen Treble-Booster, der später durch Laneys Entwickler standardmäßig verbaut wurde.

Randall 667

Als 1970 der ehemalige Vizepräsident des Herstellers Fender eine eigene Firma gründete, konnte noch niemand den Erfolg der High-Gain Amps erahnen. Mit dem High-Gain Amp Randall 667 entwickelten die Ingenieure einen Verstärker, welcher über Jahrzehnte hinweg den Sound extremer Metalgruppen beeinflussen sollte. Der 667-Sound wurde von Gitarristen wie Dimebag Darrell und Kirk Hammett bewusst in Szene gesetzt und besticht durch metallische, beinahe kreischende und sehr treble-lastige Gainstufen.

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Marshall JCM 800

Bis heute wird der High-Gain Amp JCM 800 von Marshall angeboten – aus gutem Grund. So sprangen in den 1980er Jahren Gitarristen der extremeren Spielarten auf das reichliche Leistungsangebot des 100-Watt Röhren auf! Slash, Randy Rhoads oder Zakk Wylde sind nur einige der Namen, die mit dem vollen, akzentuierten und durchsetzungsstarken Gainsound des Marshalls verbunden werden.

Soldano SLO-100

Was manch anderer Hersteller mit brachialem High-Gain lieferte, konterte Soldano beim High-Gain Amp SLO-100 mit einer durchdachten und innovativen Kanalumschaltung. Diese macht den Amp sehr viel flexibler und versatiler als seine Konkurrenten. Entsprechend breit gestreut sind auch die User dieser Verstärker: Mark Knopfler, Warren DeMartini (Ratt) oder Vivian Campbell (DIO).

Ein älteres Verstärkermodell, an das eine Gitarre gelehnt ist High-Gain Amps

Mesa Boogie Dual Rectifier

In den 1990er Jahren drängte eine neue Riege von Metal-Gitarristen auf die Bühnen der Welt. Der Ruf nach einer neuen Form des High-Gain Amps wurde lauter. Der Boutiquehersteller Mesa Boogie reagierte und brachte mit dem Dual Rectifier einen neuen High-Gain Amp auf den Markt, der mit einer intelligenten Gleichrichtertechnologie (in Kombination aus Röhre und Transistor) weitere Soundmöglichkeiten schuf. Die klanglichen Möglichkeiten der Verstärker wurden von der Nu-Metal Szene aufgegriffen und finden sich in den Werken von Korn, Limp Bizikit, Tool oder Gojira wieder.

Mesa/Boogie Dual Rectifier Roadster

Diezel VH4

Ein deutscher Hersteller, der unter vielen Gitarristen als Geheimtipp gilt, ist dank seines kompromisslosen Klangs und des straffen Soundbildes besonders bei Rhythmusgitarristen beliebt. Der relativ kleine Hersteller ist lang im Hintergrund geblieben, große Endorsements sind rar. Dennoch: Wer den Sound eines Diezel erleben möchte, sollte sich Metallica Alben genauer anhören. Palm-Muting-König James Hetfield spielte und spielt seit Jahren (unter anderem) auch einen High-Gain-Amp von Diezel.

James Hetfield, 2017 O2-Arena

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Bildquellen:
Beitragsbild: © Voloshyn Roman – stock.adobe.com
Marshall JTM 45: Von Unbeirrt – Eigenes Werk, GFDL, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=19020064
Metallica – O2 Arena 2008: Von wonker from London, United Kingdom – Metallica, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=41529756
Gitarre vor einem älteren Verstärker: © Vladimir Koletic – stock.adobe.com
Mesa/Boogie Dual Rectifier Roadster: Von fvancini – originally posted to Flickr as Dual rectifier Roadster Mesaboogie Head, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8797731
James Hetfield: Von Raph_PH – MetallicaO2221017-20, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=67683624