« Tipps für die richtige Leistung »
Warmer, purer Sound und das wunderbare Gefühl analoger Technik: Das können nur Röhrenverstärker bieten. Neben vielen Fragen zu technischen Details und der Laufleistung eines Röhrenamps, erkundigen sich viele Nutzer nach der notwendigen oder empfohlenen Power eines Röhrenverstärkers.
Es kommt darauf an,….
Um eine konkrete Aussage über die benötigte Leistungsaufnahme des Röhrenverstärkers machen zu können, muss jedoch zunächst der beabsichtigte Verwendungszweck beleuchtet werden. Wir haben unseren Ratgeber daher im weiteren Verlauf zweigeteilt. Zunächst betrachten wir die technischen Zusammenhänge und beantworten die Frage, ob mehr Power auch gleichbedeutend mit besserem Sound ist. Im zweiten Teil geben wir Musikern (insbesondere Nutzern von Gitarrenverstärkern) Tipps und Hinweise, mit denen die benötigte Leistungsaufnahme ermittelt werden kann.
Technische Grundlagen – Leistungsangaben beim Röhrenverstärker
Röhrenverstärker haben die Aufgabe, ein leises und dezentes Ausgangssignal zu verstärken und den angeschlossenen Lautsprechern einen geeigneten Pegel zur Verfügung zu stellen. Um dies zu erreichen, nutzen sie Elektronenröhren, in deren Innerem der elektrische Strom verstärkt wird. Die Kraft eines Verstärkers wird dabei in Watt angegeben. Die physikalische Maßeinheit für die Leistung beschreibt dabei, wieviel Energie ein Gerät in einer Zeitspanne von einer Sekunde verbraucht. Im Prinzip gibt der Wert beim Verstärker an, wie viel Energie das Gerät verbrauchen kann und somit, wieviel Energie einem Signal hinzugefügt werden kann.
Mehr Watt beim Verstärker = mehr Lautstärke?
Für die Praxis bedeutet das, dass leistungsstärkere Amps mehr Lautstärke bringen können. Wer nun jedoch den Schluss “Doppelte Leistung = doppelte Lautstärke” zieht, ist auf dem Holzweg. Die akustische Lautstärke (gemessen in Dezibel, dB) wird zwar von der Wattleistung beeinflusst, verläuft aber nicht linear. Vielmehr benötigt man für eine Verdopplung der Lautstärke eine etwa vier- bis zehnfache Leistung! Erschwerend kommt hier hinzu, dass das menschliche Gehirn bzw. Gehör Lautstärkenanstiege nicht linear, sondern logarithmisch wahrnimmt. Die tatsächliche Lautstärkensteigerung wird also immer geringer wahrgenommen, je lauter das Signal wird.
Unterschied zwischen Röhre und Transistor
Die unterschiedlichen Arbeitsabläufe im Inneren von verschiedenen Verstärkertypen (Röhrenamp, Transistorverstärker oder Class-D-Verstärker) ergeben eine unterschiedliche Lautstärke bei gleicher Leistungsaufnahme. Da hochwertige Röhren mit deutlich weniger Energie mehr Ausgangslautstärke ergeben, könnte man sie als effektiver bezeichnen. Entsprechend niedriger sind in aller Regel daher auch die empfohlenen Watt-Zahlen für Röhrenamps bei gleicher Lautstärkenleistung. Um eine Aussage über die tatsächlich benötigten Werte in Watt beim Verstärker treffen zu können, muss neben der Art des Verstärkers auch die Konstruktionsform der Lautsprecher und Boxen beachtet werden. Außerdem kommt die Art des Verstärkers als elementarer Unterschied hinzu.
Gitarrenverstärker
Gitarrenverstärker werden in der Regel zwischen 5 und 100 Watt angeboten – Ausnahmen gibt es jedoch in beiden Richtungen. Bei der Auswahl des richtigen Amps kommt es daher vor allem auf den beabsichtigten Nutzen der Geräte an. Live-Musiker haben andere Ansprüche als Gitarristen, die zuhause im Wohnzimmer proben möchten. Eine wichtige Größe, die bei der Auswahl eines Röhrenverstärkers beachtet werden sollte, ist daher auch bei Instrumentalverstärkern die Verstärkerleistung. Wir verraten, welche Leistung für den eigenen Verwendungszweck eingesetzt werden sollte.
Watt-Zahl für Gitarren-Amps ermitteln
Wie bereits beschrieben, gibt der Wert Watt beim Verstärker weniger Auskunft über das maximale Volumen, als man ursprünglich denken könnte. Wer auf der Suche nach einem möglichst lauten Amp ist, der sollte sich zwar nach hohen Wattzahlen umsehen – der Umkehrschluss mit niedrigen Wattzahlen besonders leise spielen zu können ist jedoch nicht immer richtig. Gerade Röhrenverstärker neigen auch bei niedrigen Wattzahlen zu enormen Lautstärkereserven.
Doch wo liegt nun der Unterschied zwischen hoher und niedriger Verstärkerleistung beim Gitarrenverstärker? Die Antwort lautet: Headroom. Dieser Begriff bezeichnet die Fähigkeit eines Röhrenverstärkers, möglichst lang unverzerrt zu klingen. Je größer der Headroom, desto lauter lassen sich Clean-Sounds produzieren. Während Gitarrenverstärker mit niedrigeren Wattzahlen früher zu einem Aufbrechen und Verzerren neigten, bieten Amps mit höheren Wattzahlen einen größeren Headroom und daher mehr Lautstärkenreserven für klare Sounds. Wer in seinem täglichen Spiel auf verzerrte Röhrensounds setzt, sollte daher einen Amp mit niedrigeren Wattzahlen ins Auge fassen. Hier lassen sich die Röhrensättigungen schneller erreichen – Nachbarn, Gehör und Mitmusiker werden es danken!
Gitarrenverstärker im Live-Einsatz
Im Live-Einsatz werden Gitarrenverstärker ab einer bestimmten Location-Größe in der Regel per Mikrofon abgenommen. So lassen sich beliebig große Hallen mit kleinen Verstärkern bespielen, die Lautstärke selbst wird unabhängig vom Amp über die PA geliefert.Besonders in kleineren Veranstaltungsräumen stehen jedoch nur selten PAs zur Verfügung. Wer hier einen Auftritt plant und sich gegen zahlreiche Mitmusiker durchsetzen muss, sollte auf genügend Lautstärkereserven achten. Ein Griff zu einer größere Verstärkerleistung ist demnach in kleineren, weniger gut ausgestatteten Locations im Grunde sinnvoller als bei großen Konzerten in Hallen.
Gitarrenverstärker für die Probe
Sei es im Proberaum oder beim Üben zu Hause: Lautstärke ist immer ein Thema. Besonders beim Röhrensound spielt die Verzerrung des Verstärkers eine große Rolle. Wer einen möglichst natürlichen “Röhrenzerrsound” erreichen möchte, sollte im Bereich der Röhrensättigung spielen. Um diesen Bereich zu erreichen, muss der Verstärker bis an sein Maximum ausgelastet werden. Je höher die Watt-Zahl des eingesetzten Verstärkers, desto höher auch die notwendige Lautstärke, um diesen Bereich zu erreichen. Besonders für die Probe zu Hause und auch für die Bandprobe im Proberaum sollte jedoch Volumen immer eine nachgeordnete Rolle spielen – die größte Schwierigkeit für einen guten Sound bei der Probe ist meist, die Lautstärke niedrig zu halten.
Um auch bei niedrigem Volumen fette Röhrenzerren zu erreichen, sind 30 Watt Verstärker daher meist durchaus ausreichend! Natürlich können auch Verstärker mit höherer Verstärkerleistung eingesetzt werden, hier wird in der Regel jedoch ein entsprechendes Booster Pedal vorgeschaltet werden müssen, um die Lautstärke einigermaßen erträglich zu halten.
Die richtige Wattzahl für den eigenen Verstärker finden – Fazit
Bei der Auswahl eines Röhrenverstärkers spielt die Watt-Zahl eine Rolle. Zur korrekten Einordnung der benötigten Verstärkerleistung müssen der Verwendungszweck, die Umgebung des Systems und die bevorzugten Klangeigenschaften miteinander in Verbindung gesetzt werden. Gibt der Verstärker Watt Zahlen an, sollte immer darauf geachtet werden, dass es sich bei diesen Angaben um Maximalwerte oder Durchschnittswerte handeln kann.
Der Rückschluss “mehr Verstärkerleistung ist immer besser” stimmt im Bereich der Instrumentalverstärker ebenso wenig, wie im Hifi-Sektor. Bei extremen Leistungen werden auch immer mehr Rohstoffe aufgewendet und der Stromverbrauch steigt – doch keine Sorge: Leistungsangaben sind als grober Anhalt zu verstehen und bieten genügend Freiraum, um zu experimentieren!
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Bildquellen:
Beitragsbild: © carloscastilla – stock.adobe.com
Symbolbild Schalwellen am Ohr: © Pixsooz – stock.adobe.com
Rockband im Konzert: © Andrey Armyagov – stock.adobe.com
Band im Proberaum: © Nejron Photo – stock.adobe.com