Gitarre lehnt an Verstärker - Vorteile eines Röhrenverstärkers

Vorteile eines Röhrenverstärkers

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Nutzer von Röhrenverstärkern sind sich über die Vorteile der analogen Klangverstärkung bewusst und schwören auf den Sound aus der unverwüstlichen Elektronenröhre. Doch steckt dahinter mehr als nur Mythos, Schwärmerei oder Nostalgie? In diesem Artikel wollen wir auf die technischen Vorteile eines Röhrenverstärkers eingehen, ohne die Nachteile zu verschweigen. Neben technischen Fakten und Vergleichen wenden wir uns auch der Wahrnehmung des menschlichen Gehörs zu und versuchen zu ergründen, warum Röhrenverstärker für viele Musiker und Musikbegeisterte noch immer die erste Wahl sind.

Wie funktionieren Röhrenverstärker?

Um sich dem Thema zu nähern, bietet es sich an, zunächst die Grundlagen der Röhrentechnik zu erläutern. Denn auf den technischen Fakten basiert ein großer Teil der positiven Eigenschaften und Vorteile des Tube-Amps. Kommen wir zur Übersicht mit der Frage: Wie funktionieren Röhrenverstärker eigentlich?

Signalkette – der Weg vom Eingang zum wahrnehmbaren Sound

Aus einem Eingangssignal ein hörbares, akustisches Erlebnis zu produzieren – das ist die Aufgabe eines Verstärkers. Dabei arbeiten im Fall der Röhrenverstärker verschiedenste Komponenten Hand in Hand. Der Eingang übernimmt die Signale der Quelle. Beim Gitarrenverstärker das Signal aus der Gitarre, beim Hi-Fi-Equipment das Signal des jeweiligen Quellmediums, beispielsweise CD, Handy oder MP3-Player. Dieses Signal wird nun an die Vorstufe vermittelt.

HiFi Röhrenverstärker -Vorteile eines Röhrenverstärkers

Hier kommen die Vorstufenröhren zum Einsatz und heben das Signal auf einen höheren Pegel an. Dies geschieht, indem ein Heizdraht im Inneren der Elektronenröhre angeregt wird, Elektronen abzugeben. Durch veränderte Spannungen im Inneren der Elektronenröhre kommt es dann zu einer Signalverstärkung. Gerade bei Gitarrenverstärkern werden die Vorstufenröhren auch verwendet, um das Signal weiter zu beeinflussen. So können bestimmte Verzerrungen und Klangbeeinflussungen gezielt eingestellt werden. Bei Hi-Fi Anwendungen hingegen werden diese Beeinflussungen möglichst reduziert.

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Nach der Vorstufe erreicht das Signal schließlich die Endstufe des Verstärkers und wird dort durch die Endstufenröhre auf einen Pegel angehoben, der durch die angeschlossenen Lautsprecher in eine mechanische Bewegung der Lautsprechermembran gewandelt wird – das Signal verlässt die Lautsprecher und gelangt an die Ohren des Zuhörers. Die Endstufe ist dabei hauptsächlich für den Pegel verantwortlich. Eine Verzerrung der Endstufe ist im Vergleich eher sanft.

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Nachteile der Röhrentechnologie

Elektronenröhren klingen großartig, keine Frage. Auch für uns ist der Klang eines guten Röhrenverstärkers durch nichts in der Welt zu ersetzen. Doch es gibt natürlich auch Gründe, dieser Verstärkertechnik kritisch gegenüberzustehen. Bevor wir also die Vorteile der analogen Verstärkertechnik für Musiker und Klangliebhaber beleuchten, erörtern wir im folgenden Teil die Nachteile eines Röhrenverstärkers.

Hoher Stromverbrauch, hohe Wärmeentwicklung, hoher Verschleiß

Die Verstärkung per Elektronenröhre basiert im Kern auf dem Glühen der Kathode – ohne diese Eigenschaft käme es nicht zum erwünschten Elektronenstrom. Gerade diese bauartbedingte Eigenschaft ist jedoch Kern der am häufigsten vorgebrachten Kritik an der Röhrentechnologie. Die thermische Belastung, der eine Röhre ausgesetzt ist, beschleunigt den Alterungsprozess des Bauteils und verursacht im Laufe der Zeit eine veränderte Klangwiedergabe. Durch die hohe Wärmeentwicklung ist auch der hohe Stromverbrauch zu erklären: Je nach Schaltungstyp gehen bis zu 50% der elektrischen Leistung in ungenutzte Wärme über. Die Abnutzungserscheinungen der Röhren schließlich lassen die Wartungsintervalle und -kosten im Vergleich zur Transistortechnik deutlich steigen.

Elektronenröhren im Betrieb - Vorteile eines Röhrenverstärkers

Nichtlinearer Frequenzgang und Klirrfaktor

Während Stromverbrauch und Verschleiß eher zu einem erhöhten Aufwand im Betrieb und bei der Wartung führen, geht es bei den typischen Kritikpunkten Frequenzgang und Klirrfaktor um Soundbeeinflussungen: Der Frequenzgang eines Röhrenverstärkers ist nicht linear, die Amps haben die Eigenschaft, hohe und tiefe Frequenzen anzuheben. Der technische Hintergrund ist das Zusammenspiel von Lautsprecher und Verstärker, die gemeinsam einen Spannungsteiler bilden.

Der Klirrfaktor benennt die Neigung des Verstärkers, das anzuhebende Signal zu verzerren. Während Transistorverstärker einen extrem geringen Klirrfaktor aufweisen können, ist dieser bei Vollröhrenverstärkern in der Regel höher – eine unverfälschte, “reine” Wiedergabe des Signals ist mittels Röhre rein technisch gesehen also schlechter möglich – allerdings ist da noch der Faktor des menschlichen Gehörs, auf den wir gleich noch eingehen werden.

Mann liegt auf COuch mit Kopfhörern

Warum einen Röhrenverstärker nutzen? Die Vorteile der Röhrentechnologie

So veraltet und unzeitgemäß die Röhrentechnologie manchen Zeitgenossen auch erscheinen mag – ihre Vorteile sind auch im Vergleich mit modernsten Technologien nicht von der Hand zu weisen. Im Folgenden stellen wir handfeste Argumente vor, die die Vorteile der Röhrentechnologie unterstreichen.

Vorteile eines Röhrenverstärkers: Klirrfaktor und Verzerrung – Teil 2

Wie im oberen Teil bereits erwähnt, macht sich der Klirrfaktor bei Tube-Amps stärker bemerkbar, als es bei anderen Verstärkertechnologien der Fall ist. Besonders im Bereich der Instrumentalverstärker (Gitarrenverstärker) ist dieser Faktor des Röhrensounds jedoch ausschlaggebend für die Beliebtheit der Geräte:

Anders, als es Transistorverstärker vermögen, verzerren Röhrenverstärker harmonisch und schneiden das Signal nicht ab. Durch die Funktionsweise werden harmonische Obertöne hinzugefügt – der Verstärker verzerrt also gewissermaßen “im Gleichklang” mit dem eigentlichen Signal.

Gitarrist auf einer Bühne

Die so erreichte Verzerrung (der typische Overdrive-Sound bei Gitarrenamps) wird durch das menschliche Gehör als sehr viel harmonischer und wärmer empfunden – der typische, sahnige Röhrensound eben. Zwar suchen gerade High Fidelity Enthusiasten eine möglichst originalgetreue Signaldarstellung, doch auch in der High Fidelity Welt haben Röhrenverstärkermodelle ihre Vorteile und Berechtigung: Hier kommt die Wärme und Natürlichkeit des Sounds zum Tragen – der Verstärker ist weniger analytisch, bietet aber eben den Vorteil eines höheren Maßes an Musikalität und lässt authentischere Klagerfahrungen zu.

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Vorteile eines Röhrenverstärkers: einfachere Schaltung, unkompliziertere Reparatur, Flexibilität bei der Soundanpassung

Tube-Amps stehen häufig für ihre anfälligere Technik in der Kritik. Die einfache Schaltung und Wartung der Amps hat jedoch auch einen bedeutenden Vorteil: Vorstufenröhren können in der Regel einfach per „Plug & Play“ ersetzt werden – also alte Röhre raus, neue rein und los geht’s. Endstufenröhren müssen allerdings untereinander gematcht sein und es muss meist eine Bias-Korrektur vorgenommen werden. Im Zweifelsfall bitte Kontaktaufnahme mit TAD (shop@tubeampdoctor.com).

Auch kleine Reparaturen lassen sich mit den optimalen Ersatzteilen für Verstärker leicht in Eigenregie erledigen.

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Zudem kann der Klang des Amps mittels eines einfachen Röhrentauschs der Vor- oder Endstufenröhre angepasst werden. Besonders die Verwendung von unterschiedlichen Vor- und Endstufenröhren kann den Sound und auch den Einsatzbereich eines Gitarren-Amps maßgeblich zum Vorteil beeinflussen. Ein Röhren-Amp ist aus dieser Sicht daher sehr viel vielseitiger und einfacher zu handhaben, als ein Transistorverstärker, bei dem ein interner Defekt oftmals mit dem endgültigen Ableben des Amps verbunden ist.

Retrocharme, Röhrensound und Mythos

Zwar sind es keine technischen Eigenschaften, dennoch spielt er als Vorteil eine große Rolle für die Beliebtheit der Röhrentechnologie: Der Charme, den Röhrenverstärker vermitteln, ist ungebrochen. Besonders in der heutigen Zeit, in der Musik und Medien allgegenwärtige Konsumgüter sind, ist der Fokus auf das bewusste “Musik hören” oftmals verloren gegangen. Durch das aktive Hören mittels analoger, sichtbar arbeitender Technik können wir einen Teil hiervon zurückgewinnen:

Der Charme des Unperfekten, des handgemachten Sounds und des authentischen Klangerlebnisses geht noch immer ausschließlich von Röhrenverstärkern aus. Das Vorglühen, das Einstellen des Amps und die melodischen Verzerrungen und Obertöne lassen den Musikgenuss sehr viel tastbarer, bewusster und erlebbarer werden.

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Warum Tube-Amps immer noch erste Wahl sind – Fazit

Technisch betrachtet gibt es Vorteile und Nachteile, die sich für die Röhren vorbringen lassen. Am Ende kommt es beim Musikgenuss am meisten auf den persönlichen Geschmack und das Hörempfinden an. Jedem aufgeschlossenen Kritiker der Röhrentechnologie empfehlen wir daher den Test: ein gemütlicher Sessel, ein Glas des persönlichen Lieblingsgetränks und einem guten Album mittels Röhrenverstärker lauschen – dieses Klangerlebnis wirkt sehr überzeugend. Gitarristen hingegen lassen die Röhre vorglühen und spielen den Gitarrenverstärker ohne zusätzliche Effekte nach der Gitarre an – ein bisschen Overdrive aus den Vorstufenröhren und schon geht die Sonne auf!

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Bildquellen:

Beitragsbild: © Boris Bulychev – stock.adobe.com
Röhrenverstärker in der Nahaufnahme: © Mladenov – stock.adobe.com
Röhren im Betrieb: © otent – stock.adobe.com
Mann mit Kopfhörern: © cherryandbees – stock.adobe.com
E-Gitarrenspieler: © ValentinValkov – stock.adobe.com
Viele Lautsprecher einer HiFi-Anlage: © Konstantin Gushcha – stock.adobe.com