Funktionsweise von Tonabnehmern erklärt

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Neben Amp und Verstärker-Röhren haben auch die verwendeten Tonabnehmer einen entscheidenden Anteil am Klang einer E-Gitarre. So gebräuchlich und selbstverständlich jeder Gitarrist Single-Coil und Humbucker verwendet, so wenig ist oft über Aufbau und Funktionsweise dieser Komponenten bekannt. In diesem Artikel wollen wir deswegen etwas Licht ins Dunkel bringen und Aufbau sowie Funktionsweise von Tonabnehmern für die Gitarre genauer vorstellen. Doch keine Sorge – um die Funktionsweise der Spulen zu verstehen, benötigt man sicher kein Physik-Studium!

Eine kurze Geschichte des Tonabnehmers

Bevor wir die Funktionsweise von Tonabnehmern näher betrachten, machen wir einen kurzen Ausflug in die Geschichte dieser für uns Gitarristen so wichtigen Bauteile. Mit dem Aufkommen des Jazz und einer großen Begeisterung für die moderneren Musikrichtungen kamen die Ingenieure der 1930er Jahre mit einem ganz neuen Problem in Kontakt: Akustische Instrumente mussten für Auftritte vor großen Menschenmassen hörbar gemacht werden – das Signal musste also verstärkt werden.

1931 gelang es Adolph Rickenbacker (der Name dürfte besonders Bassisten sehr bekannt vorkommen) und Georg Beauchamp, den Vorläufer des heutigen Tonabnehmers zu entwickeln. Bereits fünf Jahre später bringt die junge Firma Gibson die erste Gitarre mit elektrischem Abnehmer auf den Markt. Die Gibson ES-150 wurde die erste kommerziell erfolgreiche Gitarre mit dieser neuen Technik.

Gibson ES-150 von 1946 & vintage Fender Blues Deluxe Tube Amp
By Europe guitar collection – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=91089188

Das Problem der damaligen, frühen Versionen der E-Gitarre war das Schwingungsverhalten der Hollow-Body-Konstruktion – sie führte zu starken Rückkopplungen bei hohen Lautstärken. Erst mit der ersten, serienmäßig produzierten E-Gitarre mit Massivkorpus, der Fender Telecaster, war auch dieses Problem behoben. Es folgte der Siegeszug der E-Gitarre!

Grundlagen, Aufbau und Bauteile

Die Funktionsweise von Tonabnehmern hängt eng mit dem physikalischen Prinzip der elektromagnetischen Induktion zusammen. Um jedoch aus der Bewegungsenergie der Saite ein elektronisches Signal zu erzeugen, müssen alle Bauteile zusammenarbeiten. Es gibt eine ganze Reihe von Tonabnehmertypen, die sich in ihrem Aufbau und ihrer Funktionsweise voneinander unterscheiden. Wir stellen im folgenden Teil unseres Artikels zunächst nur den passiven Tonabnehmer mit einer Spule vor. Dabei handelt es sich um die einfachste Bauweise. Bei dieser Konstruktion kommen folgende Einzelkomponenten zum Einsatz:

Ein Tonabnehmer an einer älteren Gitarre in Großaufnahme

Magnete

Kernstück eines passiven Abnehmers sind stets Dauermagnete. Diese werden als Balken oder als mehrere zylindrische Stabmagnete in der Mitte des Abnehmers angebracht. Magnete mit einer Legierung aus Aluminium, Nickel und Kobalt, bezeichnet mit dem Namen AlNiCo. Heute kommen auch Keramikmagnete bzw. Ferritmagnete zum Einsatz, je nach gewünschtem Output. Denn als Faustregel gilt: je stärker der Magnet, desto stärker das Signal des Abnehmers.

Eine sehr informative Übersicht zu Magnetmaterialien und deren Eigentschaften hat Wolfgang Damm im Gitarre & Bass Magazin veröffentlicht:

G&B-Basics: Magnetmaterialien und ihre Auswirkungen auf den Klangvon Wolfgang Damm, 29. November 2021
G&B-Basics: Magnetmaterialien und ihre Auswirkungen auf den Klang

https://www.gitarrebass.de/workshops/magnetmaterialien-und-ihre-auswirkungen-auf-den-klang-einer-gitarre/

Spule

Neben den Magneten ist auch die Spule von besonderer Bedeutung für die Funktionsweise von Tonabnehmern. Beachtliche 4000-10000 Windungen sehr feiner Kupferdraht werden um die Magnete herumgewickelt. Bei den Wicklungen gibt es unterschiedliche Herangehensweisen, wobei die maschinelle Wicklung von der händischen Wicklung unterschieden wird.

Amber Pickup einzeln: '61 Special - Aged Optik

Casing und Wachs

Um passgenau in jede Gitarre eingesetzt werden zu können, werden Tonabnehmer in einer bestimmten Form, auch Casing genannt, verbaut. So können die empfindlichen Spulen eingebaut werden, ohne die Funktionsweise der Bauteile zu gefährden. Oftmals werden die Spulen mit einem Paraffin-Wachs getränkt. So können unerwünschte Nebengeräusche (die sogenannte Mikrofonie) unterdrückt und weitestgehend verhindert werden.

Wie funktioniert ein Tonabnehmer?

Klassische Tonabnehmer sind passive Bauteile und erzeugen das elektronische Signal des Instruments mittels elektromagnetischer Induktion. Hierbei ist zunächst die Beschaffenheit der verwendeten Gitarrensaiten wichtig. Die Saiten müssen aus einem ferromagnetischen Material bestehen, um das Magnetfeld der Abnehmer beeinflussen zu können. Werden die Saiten angeschlagen, schwingen sie durch das bestehende Magnetfeld und ändern dessen Feldstärke.

In der Spule entsteht durch Induktion eine Wechselspannung. Diese Wechselspannung tritt in der Frequenz der Saitenschwingung auf und beträgt meist nur um die 0,1 Volt – abhängig von der Saitenstärke und der Geschwindigkeit der Schwingung (Amplitude). Die entstandene Spannung wird über die Anschlüsse des Abnehmers über unterschiedlich ausgelegte Schaltungen an die Ausgangsbuchse der Gitarre geleitet und gelangt dann über ein Instrumentenkabel an den Vorverstärker. Dieser hebt das Signal an und liefert dem Amp ein kräftiges Signal, das nun weiter verstärkt und bearbeitet werden kann.

Ein Gitarrist schlägt die Saite einer E-Gitarre an

Welche Bauweisen und Typen gibt es?

Mit der Entwicklung der modernen Musik und dem Entstehen immer neuer Gitarrendesigns wurde auch die Bauart und die Funktionsweise von Tonabnehmern immer weiter verfeinert und angepasst. So werden heute fünf Tonabnehmertypen nach ihrem Aufbau und ihrer Funktionsweise unterschieden. Wir stellen die wichtigsten Vertreter und deren Besonderheiten vor.

Single-Coil

Der Single-Coil ist im Grund der Urvater der Pickups und bildet die Grundlage für alle weiteren Pickup-Variationen. Besondere Bedeutung hat der Single-Coil dabei durch seine Verwendung in der Fender Telecaster und deren Nachfolgemodell, der Stratocaster, erhalten. Der etwas schnarrende, höhenreiche Klang ist besonders nach der Meinung von Jazz-, Blues- und Country-Gitarristen bis heute unerreicht. Der aus nur einer Spule bestehende Single-Coil hat jedoch einen Nachteil: Durch seine Bauart ist er anfällig für Signaleinstreuungen, die sich durch ein sonores Brummen im Signal bemerkbar machen.

Single-Coil Pick-Up Set '61 Special mit historisch korrekten AlNiCo V Magneten in geöffneter Originalverpackung mit Echtheitszertifikat. Im Hintergrund ist eine Fender Stratocaster Gitarre aus dem Fender Customshop mit Ahorngriffbrett zu sehen
Single-Coil Pick-Up Set AMBER ’61 Special mit historisch korrekten AlNiCo V Magneten. Perfekt um eine Fender Stratocaster Gitarre erstklassig zu bestücken.

 

Humbucker

Humbucker wurden als Antwort auf die beschriebene Brumm-Neigung der Single-Coils entwickelt. Er besteht aus zwei gegenläufig gewickelten Spulen, die um die mittig angeordneten Magnete gelegt werden. Das 1957 auf den Markt gebrachte Patent von Seth Lover und Walter Fuller wurde zuerst durch die Firma Gibson verwendet und schnell zum führenden Pickup-Design des Gitarrenherstellers. Die Vorteile des Humbucker liegen neben der namensgebenden “Brummunterdrückung” auch im voluminösen, mittenbetonten Sound.

Amber Pickup SET: Spirit of 59 - Aged Optik Funktionsweise von Tonabnehmern
Amber Pickup SET: Spirit of 59 Humbucker – Aged Optik. Tonabnehmern mit authentischen AlNiCo IV Magneten

P90

Der P90-Abnehmer wurde bereits 1946 durch Gibson entwickelt und eingesetzt. Es handelt sich hierbei von der Funktionsweise um einen Single-Coil, der jedoch aufgrund seiner Bauform etwas massiver und breiter ist. Statt zylindrischen Magneten werden zumeist barrenförmige Magnete verwendet, die mit sechs Polköpfen ausgestattet sind. Die Spule wird meist sehr oft gewickelt, 10.000 Wicklungen sind bei P90s üblich. Der so entstehende Gitarren-Sound ist etwas fetter und wuchtiger, als es bei klassischen, einspuligen Tonabnehmern der Fall ist, reicht jedoch in der Regel nicht an die Durchsetzungskraft eines Humbucker-Pickups heran.

Amber Pickup SET: 90 Standard, Aged Optik, der legendäre #42 plain enamel Wickeldraht und pro Pickup zwei AlNiCo-Magnete produzieren den typischen fetten, leicht schmutzigen und extrem dynamischen P-90 Ton.
Amber Pickup SET: 90 Standard, Aged Optik, der legendäre #42 plain enamel Wickeldraht und pro Pickup zwei AlNiCo-Magnete produzieren den typischen fetten, leicht schmutzigen und extrem dynamischen P-90 Ton.

Aktiv-Pickups

Aktiv-Pickups arbeiten in ihrer Funktionsweise im Grunde ganz ähnlich, wie es bei den bereits vorgestellten Modellen der Fall ist. Wesentlicher Unterschied ist jedoch, dass diese Pickups einen integrierten elektronischen Vorverstärker verwenden, um das Signal der Gitarren weiter zu gestalten. Neben einer Spannungsversorgung mit einer 9V-Batterie kommen bei Aktiv-Pickups auch aktive Schaltungen zum Einsatz.

Der Vorteil von Aktiv-Pickups ist die regelbare Ausgangsleistung sowie die Möglichkeit, den Frequenzgang des Ausgangs anzupassen. So werden bei Gitarren beispielsweise oft Bässe und Höhen eher abgesenkt, während die Mitten des Signals angehoben werden, um einen durchsetzungsstarken Gitarren-Sound zu produzieren. Gerade im Rock-Genre ist dies ein beliebtes Stilmittel. Diese Art der Soundbearbeitung bringt gerade im Zusammenhang mit verzerrten Amps mehr Klarheit und Darstellungsbreite in den Klang.

Auf einer Konzertbühne schlägt ein Rock-Gitarrist sein Instrument an Funktionsweise von Tonabnehmern
Die Funktionsweise von Aktiv-Pickup Tonabnehmer sind besonders für Hardrock- und Heavy-Metal-Sound ideal

Piezo-Pickups

Piezos werden in der Regel verwendet, um akustische Instrumente zu verstärken und die Möglichkeit zu schaffen, sie über Verstärker abzunehmen. Dabei unterscheidet sich die Funktion von Piezo-Pickups jedoch grundsätzlich von der Funktionsweise eines Humbuckers oder eines Single-Coils.

Statt elektromagnetischer Induktion arbeiten in Piezo-Pickups Sensoren, die druckempfindlich sind und so Schwingungen in elektrische Signale umwandeln. Neben Akustikgitarren werden Piezo-Pickups auch in E-Gitarren eingesetzt: Hier werden die Abnehmer auf dem Steg der Gitarre angebracht und wandeln dort den entstehenden Druckunterschied der schwingenden Saite in ein elektronisches Signal um.

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Bildquellen:
Beitragsbild: © tputman151 – stock.adobe.com
Gibson ES-150: By Europe guitar collection – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=91089188
Nahaufnahme Tonabnehmer: © Kartika – stock.adobe.com
G&B Beitragstitelbild mit Foto © Dieter Stork
Gitarrist schlägt eine Saite an: © Jana Behr – stock.adobe.com
Gitarrist schlägt die Gitarre auf der Bühne an: © KONSTANTIN SHISHKIN – stock.adobe.com

Markenzeichen:
Fender® und Stratocaster® sind eingetragene Markenzeichen der Fender Muscial Instruments Corporation
Gibson® ist ein eingetragenes Markenzeichen der Gibson Guitar Corporation