« Alles zu Geschichte und Charakteristika »
Diese Endstufenröhre ist ein echter Dauerbrenner unter den Elektronenröhren: Ihre Gutmütigkeit und guten Klangeigenschaften machen die Tube in Hi-Fi und Instrumentalverstärkern zu unverzichtbaren Elementen – Zeit also, sich mit der Geschichte und Charakteristik der EL84-Röhre zu beschäftigen und in die Tiefe der Konstruktionsart einzusteigen. Wir stellen in unserem Artikel die technischen Besonderheiten und den Einsatzzweck der EL84 vor. Außerdem verraten wir, welche klanglichen Eigenschaften diese Elektronenröhren vorweisen und in welchem Verstärker die Elektronenröhren anzutreffen sind. Beginnen wollen wir jedoch mit der Geschichte der Elektronenröhre – viel Spaß bei unserem EL84-Special!
Entwicklung der EL84 – Geschichte und Entstehung
Wie so oft war die steigende Nachfrage nach einer gut funktionierenden und vor allem günstigen Verstärkerröhre der ausschlaggebende Grund für die Entwicklung der EL84 Röhre. Nach Ende des zweiten Weltkriegs wurden die sogenannten Heimempfänger für Radiosender immer beliebter und der Bedarf an einer günstigen Röhre stieg. Die technische Entwicklung der 84er wurde schließlich 1953 mit der Markteinführung der Nachfolgeröhre zur bereits erhältlichen EL41 abgeschlossen. Die Endpentode wurde 1953 in der Fachzeitschrift “Funkschau” Ausgabe 7 vorgestellt und seitdem als “die” Rundfunkpentode vermarktet. Dabei sind Leistungsgrad und akustische Leistung der Elektronenröhre besonders hervorzuheben – sie wird auch als “Endstation” der Rundfunkröhren bezeichnet.
Natürlich wurde die erfolgreiche Elektronenröhre nicht nur unter einer Bezeichnung gefertigt – im amerikanischen Raum hat sich die Bezeichnung 6BQ5 durchgesetzt, im russischen Sprachraum wurde der baugleich Typ 6P14P besonders industriell eingesetzt. Auch heute ist die Elektronenröhre des Typs noch gefragt und wird durch diverse Hersteller gefertigt.
Technische Besonderheiten der Endstufenröhren
Im folgenden Teil betrachten wir die technischen Besonderheiten der Tube und stellen den internen Aufbau der Erfolgspentode vor.
Innerer Aufbau
Wie alle Pentoden verfügen die Endstufenröhren neben Kathode, Anode und Steuergitter über zwei zusätzliche Bauteile, das Schirmgitter und das Bremsgitter. Beide Bauteile verhindern den störenden Einfluss von Sekundärelektronen, die den Elektronenstrom von Kathode zu Anode behindern können. Als Eintaktverstärker im A-Betrieb erzielt die Tube 5,7 Watt und ist dafür mit einer Anodenspannung von 250-300 Volt ausgerüstet. Die Anoden-Verlustleistung von 12 W und die Gestaltung des Elektrodensystems machen die Tubes der Baureihe zu einer der zuverlässigsten und belastbarsten Endstufenröhren auf dem Markt – bis heute.
Sockel und Abmessung
Die Endstufenröhren sind auf einem Noval-Sockel aufgebaut und daher für alle Verstärker und Endstufen mit diesem Sockel geeignet – besonders bekanntes Beispiel hierfür wären die Vox-Klassiker AC15 und AC30 – doch dazu später mehr! Die Abmessungen der EL84er machent die Elektronenröhre zu einer echten Besonderheit zum Zeitpunkt ihrer Vorstellung: Mit nur 72mm Höhe und einem Durchmesser von nur 22 mm ist die Elektronenröhre eine sehr kleine, kompakt gefertigte Pentode.
Einsatzgebiet der Tubes
Entstanden ist die Pentode als Endstufenröhre für den Heimempfänger – doch nur wenige Jahre später erlangte sie Weltruhm durch den Einsatz im britischen Verstärkerklassiker AC15 bzw. AC30. Selbst abseits der Vox-Verstärker wurde die Elektronenröhre von Herstellern auf der ganzen Welt für Endstufen eingesetzt. Dabei ist ihr Einsatzgebiet eher im niedrigeren Watt-Bereich angesiedelt: Anders als 6L6 Tubes kommen die kleinen Pentoden hauptsächlich im Verstärker mit Leistungsreserven von 15 – 30 Watt zum Einsatz.
Instrumentenverstärker
Als Class-A Spezialist wurden die Elektronenröhren des Typs besonders in Verstärkern dieser Schaltung eingesetzt. Gitarristen schwören auf den Klang der EL84, die sich in solch legendären Verstärkern wiederfinden, wie dem Vox AC30, dem Fender Blues Jr. oder (etwas moderner) dem Orange Tiny Terror. Die Elektronenröhren zeichnen sich in ihrem Einsatzbereich durch einen sehr klassischen, weichen und warmen Röhrensound aus. Dabei liegt die Betonung der Röhren auf einem klaren High-End- und einem warmen, aber sehr kraftvollen Low-End-Punch.
Hi-Fi Verstärker
Auch in der Hi-Fi Szene ist die Pentode keine Unbekannte: Hersteller mit so klangvollen Namen wie WAD, Quad und Leak setzen die Pentode in ihren Verstärkern ein. Dabei profitieren die Amps von der hohen klanglichen Klarheit der Pentoden und die damit verbundene hohe Detailtreue bei der Wiedergabe von hochwertigen Quellen. Da die Röhren in der Hi-Fi Umgebung weniger starken Beanspruchungen ausgesetzt sind, als das beim Gitarrenverstärker der Fall ist (Endstufensättigung ist hier eher selten gefordert), ist die Lebensdauer einer “Hi-Fi-EL84” nochmals erhöht und im Bereich der Endstufenpentoden beinahe ungeschlagen.
Klangliche Charakteristiken der EL84 im Röhrenverstärker
Während bei Gitarrenverstärkern mit der klangfärbenden Eigenschaft von Röhren gespielt wird, ist dies beim Hi-Fi Amp eher ungewöhnlich. Daher unterscheiden sich die klanglichen Eigenschaften der Röhren nicht nur durch ihre Bauweise, sondern auch durch ihren Einsatzzweck. Wir betrachten im folgenden Teil die klanglichen Charakteristiken der EL84, wie sie im Röhrenverstärker anzutreffen ist – britischer Sound, here we come!
Röhrenverstärker – britischer Klang par excellence!
Mit dem Siegeszug der E-Gitarre begann auch der Aufstieg der Röhrenverstärker für Gitarren: Mit Leo Fenders Ideenreichtum erschuf sich so binnen kürzester Zeit ein ganz neues Genre – die Zeit der E-Gitarre für den Heimgebrauch begann. Während viele Hersteller zunächst mit unterschiedlichen Kreationen experimentierten, geriet die EL84 Pentode schnell in den Blick der Amp-Industrie. Spätestens mit dem Vox AC 15 bzw. AC 30 machte die EL84 dann den Schritt auf die große Bühne. Der Klang der kleinen Elektronenröhre ist dabei ganz besonders. Die Betonung der Pentode liegt in der klaren Auftrennung der hohen Frequenzen, wobei sie den tiefen Frequenzen dennoch den Raum und “Punch” bietet, den sie verdienen. Die Mitten des Signals setzen sich im recht weichen, sehr musikalischen Klang gut durch – ideal für die eher mittig abgestimmte E-Gitarre.
AC 15 und AC 30 sind die besten Beispiele, wenn es um den Klang der Endstufenröhre am Amp geht: Sie lassen das Signal klar und weich verstärken und bieten bei recht großzügigem Headroom ordentlich Resonanz. Kommt die Pentode dann in die Endstufensättigung, entfaltet sie einen differenzierten, harmonischen Overdrive, der mit seiner Wärme und Musikalität als Paradebeispiel für den oft zitierten “britischen Sound” stehen kann.
EL84 Röhre – Fazit
Die für den Heimgebrauch in den 1950er Jahren entwickelte Pentode erfreut sich auch heute noch großer Beliebtheit – zu Recht! Die kleine Pentode liefert gerade in der Endstufe von Amps der mittleren Leistungsklasse ein stabiles, sehr natürliches Klangbild, welches sich durch einen weichen, warmen Overdrive auszeichnet. Im Clean liefert die EL84 ordentlich Headroom für den Amp und lässt sich demnach auch sehr gut als Endstufe einer “Pedal-Plattform” einsetzen.
Abseits der Gitarrenverstärker findet sich die Röhre auch in einer Vielzahl hochwertiger Röhrenverstärker für den Hi-Fi Markt. Hier schätzt man neben der natürlichen Klangwiedergabe vor allem die lange Lebenszeit der Röhre, sowie ihre unerschütterliche Zuverlässigkeit. Ob als gematchtes Paar oder als NOS-Röhre – beim Tube Amp Doctor finden sich einige echte Geheimtipps mit dem Label EL84!
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Bildquellen:
E-Gitarrist mit Fender-Style Gitarre: © sumnersgraphicsinc – stock.adobe.com
E-Gitarre lehnt an Vox-Verstärker: Von Mic JohnsonLP – Guitar Electric Guitar Amplifier Edited 2020, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=115383091