Junger Mann beim Bias messen und Bias einstellen

Bias einstellen

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In unserem Artikel zum Bias anpassen versuchen wir, die technischen Hintergründe und Funktionen des Ruhestroms zu erklären, geben Tipps zum Einstellen und verraten, welche Verstärker überhaupt eingestellt werden müssen.

Analoge Technik braucht analoges handeln

Röhrenverstärker sind nach wie vor die unangefochtene Nummer 1, wenn es um Soundqualität und Feeling geht. Keine andere Verstärkertechnik liefert derart organischen und “greifbaren” Klang, wie Elektronenröhren. Leider kommt diese organische, lebendige Klangqualität nicht ohne Nachteile aus. Neben Kosten, Wärmeentwicklung und Gewicht spielt auch die Wartungsanfälligkeit der Röhrenverstärker eine Rolle. Besonders beim Thema Röhrentausch gibt es nach wie vor viele Unsicherheiten – spätestens aber, wenn vom Einstellen des Ruhestroms oder Bias gesprochen wird, ist bei den meisten Musikern Schluss.

Röhrenverstärker mit EL34 beim Bias einstellen mit dem TAD BiasMaster

Ruhestrom und Bias-Check – was ist das eigentlich?

Immer dann, wenn eine Elektronenröhre in einem Verstärker nicht unter Volllast betrieben wird, sondern mit weniger Energie versorgt wird, hat der Ruhestrom einen erheblichen Einfluss auf Performance und am Ende der Kette auch auf den Klang der Röhre. Der Ruhestrom oder Bias bezeichnet dabei die Menge elektrischen Stroms, welcher die Röhre passiert, während diese nicht ausgelastet ist. Aufgrund der Bauweise der Elektronenröhren kann es zu unterschiedlichen Werten und Abweichungen von bis zu 20% kommen – bei ein und demselben Röhrentyp. Um den Verstärker optimal einzustellen und die beste Performance aus dem Equipment zu holen, sollte der Ruhestrom beim Bias-Check der einzelnen Elektronenröhren aufeinander abgestimmt werden. Im folgenden Teil erläutern wir, welche Optionen hierfür bei Amps vorgehalten werden.

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Bias einstellen – Auto, Fast und Fixed Bias

Ob der Ruhestrom beim Röhrentausch des Gitarrenverstärkers eingestellt werden muss, hängt vom technischen Design des jeweiligen Geräts ab. Hersteller verwenden beim Layout ihrer Amps unterschiedliche Einmessverfahren, welche eine automatische Einmessung vornehmen oder den Ruhestrom per Hand einzustellen verlangen. Hierbei gibt es grundsätzlich drei unterschiedliche Varianten, welche beim Bias-Check beachtet werden müssen:

Autobias

Der Verstärker ist “intelligent” designt und regelt den Ruhestrom der Endstufenröhren bzw. der Endstufenröhre selbstständig. Der Röhrenwechsel geht beim Autobias besonders schnell und einfach von der Hand. Doch auch bei Amps, die über ein Autobias verfügen, sollte auf einen möglichst gleichmäßigen Wert der verwendeten Elektronenröhren geachtet werden.

Fast Bias

Gitarrenverstärker, die mit einem Fast Bias ausgestattet sind, arbeiten mit unveränderlichen Ruheströmen und das Elektronenröhren-Einmessen kann nicht durchgeführt werden. Hier ist es wichtig, die korrekten Werte zu kennen und mittels gematchter Elektronenröhren möglichst genau zu treffen.

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Fixed Bias

Der Fixed Bias liegt bei klassischen Class A bzw. Class AB Push-Pull Verstärkern vor. Hier liegt der Wert an allen Elektronenröhren gleich an und muss bei einem Röhrentausch möglichst genau getroffen werden. Das Einstellen ist bei diesen Amps daher besonders wichtig.

Bias einstellen – Handlungsanweisung

Um den korrekten Wert des Ruhestroms am Verstärker einzustellen, bedarf es einer gewissen Erfahrung und technischer Affinität. Es sei jedoch gesagt, dass die Einstellung des Ruhestroms mit der notwendigen Ruhe und Gelassenheit gelingt – Übung macht auch hier den Meister! Es folgt eine allgemeine Schritt-Für-Schritt Anleitung. Da nicht jeder Verstärker gleich aufgebaut ist, bilden wir nur allgemeine Herangehensweisen ab, die sich von Modell zu Modell unterscheiden können!

Achtung! Bei Arbeiten im Inneren eines Verstärkers können Hochspannungen auftreten, welche lebensgefährlich sein können!

Schritt 1: Vorbereitung

Zunächst müssen zum Bias-Einstellen folgende Parameter bekannt sein: Die Höhe der Anodenspannung, der Verstärkertyp (Class A oder Class AB) und die Art der verwendeten Elektronenröhren. Sind all diese Parameter ermittelt, kann der Soll-Wert des Ruhestroms ermittelt werden. Dieser Soll-Wert lässt sich anhand von Tabellen ermitteln und liefert einen guten Anhaltspunkt für die optimale Einstellung.

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Schritt 2: Messung des Ruhestroms

Bei der Messung des Ruhestroms bedienen sich Experten unterschiedlicher Methoden, da die Messung von Strom nicht so einfach ist, wie beispielsweise die Messung einer anliegenden Spannung. Mit dem Widerstandsmessverfahren arbeitet man, wenn ein Messwiderstand in die Kathodenleitung eingelötet wurde und einen Spannungsfall messbar macht. Ist ein solcher Messwiderstand nicht bereits herstellerseitig verbaut, muss mit Hilfsmitteln gearbeitet werden.

Für die Messung gibt es im Tube-Amp-Doctor-Shop genau das richtige Equipment. Mit dem BiasMaster System lässt sich der Ruhestrom problemlos und genau ermitteln. Passend zu den jeweiligen Röhren steht der BiasMaster mit Oktal- oder Noval-Adapter zur Auswahl. Mit dem Bias-Potentiometer oder Trimmer lässt sich dann der Wunscharbeitspunkt optimal einstellen, aber dazu kommen wir im nächsten Abschnitt.

BIASMASTER System - zum Bias einmessen

Bei der so genannten Shunt-Methode wird die Messung des Ruhestroms anhand der Daten eines (sehr guten!) Messgeräts ermittelt. Diese Methode ist jedoch Profis vorbehalten – die auftretenden Ströme und Spannungen sind nichts für die Heimwerkstatt.

Schritt 3: Bias einstellen

Sind alle notwendigen Werte bekannt, ist die Einstellung des Ruhestroms an der Reihe. Verstärker liefern dafür in der Regel einen eigenen Ruhestrom-Potentiometer mit. Dieser versorgt entweder alle Elektronenröhren mit demselben Wert oder kann für jede Röhre einzeln vorhanden sein. Nach Abgleich mit der Tabelle können nun die Ströme eingestellt und aufeinander angepasst werden.

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Häufig gestellte Fragen

Die Einstellung des Ruhestroms ist eine technische Besonderheit, die auch erfahrene Gitarristen häufig zum Fachmann treibt. Immer wieder erreichen uns Fragen zur Thematik, die wir im folgenden Teil versuchen, zu beantworten:

Muss ich alle Elektronenröhren einmessen?

Nein, Röhren einmessen ist nicht immer notwendig. Bei Endstufenröhren ist die Ruhestromeinstellung von erheblich größerer Bedeutung, als bei Vorstufen. In der Endstufe reagieren die Endstufenröhren sehr viel empfindlicher auf unterschiedliche Werte. Beim Wechsel der Vorstufenröhren ist daher keine Einstellung notwendig.

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Röhren einmessen – heiß vs. kalt

Beim Bias-Einstellen wird zwischen heißer und kalter Einstellung unterschieden. Dies bezeichnet den tatsächlich eingestellten Wert: Wird dieser zum Maximum hin orientiert, spricht man von einer heißen Messung, beim Minimum von einer kalten. Die beiden Varianten haben Auswirkungen auf Klang und Lebensdauer der Elektronenröhre in der Endstufe: Bei heißen Werten klingen die Röhren offener und druckvoller, leben jedoch auf Grund der höheren Belastung in der Endstufe kürzer. Bei kalten Werten leben die Röhren daher länger, der Class A bzw. Class AB Verstärker kann jedoch klanglich nicht ganz seine Top-Performance erreichen!

Wann muss ich Röhren einmessen?

Endstufenröhren müssen in der Regel nach der Erneuerung eingemessen werden. Eine Ausnahme bilden hier Amps, die über einen Autobias verfügen. Es ist ratsam, die Endstufenröhre zunächst nur grob auf den gewünschten Wert zu bringen und die Feinjustierung nach einer gewissen “Einlaufphase” von einigen Stunden vorzunehmen. So lässt sich der Arbeitspunkt schneller und präziser bestimmen.

Endstufenröhre – Die richtige Auswahl

Während klar sein dürfte, dass die Elektronenröhre zum Verstärker passen sollte, muss auch die Symmetrie der einzelnen Endstufenröhren zueinander beachtet werden. TAD bietet daher speziell aufeinander abgestimmte Pakete, in denen jede Endstufenröhre vermessen und selektiert wurde. Die bauartbedingten Abweichungen werden so minimiert und der Einmessaufwand verringert!

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Bias Einstellen – Fazit

Um einen Röhrenwechsel durchzuführen, muss man zwar kein Elektrotechniker sein, spätestens beim Einstellen des Ruhestroms sollten jedoch grundlegende Kenntnisse im Bereich Elektrotechnik vorhanden sein. Zwar verlangen nicht alle Röhrenverstärker diese Einstellung, sollten sie jedoch vorgenommen werden, muss mit Ruhe und Sorgfalt vorgegangen werden.

Eine gute Unterstützung zum Einmessen sind gematchte Röhren, welche auf Grund ihrer Ausgangsdaten perfekt aufeinander abgestimmt sind – so fällt die Einstellung des Ruhestroms sehr viel leichter!
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Bildquellen:
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Vakuumröhren: © Andrey Chmelyov – stock.adobe.com