« Der Allrounder im Porträt »
Die 12AX7A-Elektronenröhre ist eine der am weitesten verbreiteten Vorstufenröhren, die seit ihrer Entwicklung ununterbrochen produziert wurde. Wir betrachten heute die technischen Besonderheiten, die diese Verstärkerröhren so beliebt gemacht haben. Außerdem werfen wir einen Blick auf die Historie der Bauteile und verraten natürlich auch, welche Einsatzmöglichkeiten, musikalisch und technisch, für die Doppeltriode denkbar sind. Auch welche ikonischen Amps typischerweise auf diese Elektronenröhre setzen, stellen wir genauer vor.
Technische Details und Besonderheiten
Bei der 12AX7A (auch als ECC83 oder 7025 bezeichnet) handelt es sich um eine Vorstufenröhre in Doppeltrioden-Bauweise. Diese Röhrenvariante verfügt damit über zwei gleich aufgebaute und parallel arbeitende Triodensysteme, die in einem einzigen Glaskolben vereint wurden. Die elektrischen Daten der Röhre können jedoch voneinander abweichen, was das sog. Symmetrie-Matching für Vorstufenröhren durch TAD attraktiv macht, um somit maximale Dynamik und Tonalität zu erhalten.
Die 12AX7A ist durch ihr geringes Rauschen und den hohen Innenwiderstand von 60-80 Kiloohm besonders gut für Audio-Anwendungen geeignet und wird vor allem in Gitarrenverstärkern, aber auch im Bereich Hi-Fi-Equipment eingesetzt. Die 12AX7A ist auf einem Novalsockel aufgebaut und kann in zwei Modi betrieben werden: Entweder werden 6,3 V Heizspannung bei 300 mA Heizstrom verwendet oder die beiden Trioden werden mit 12,6 V / 150 mA gekoppelt. Dabei sind die ECC83-Modelle besonders robust: Mit etwa 10.000 Betriebsstunden weisen die Elektronenröhren eine sehr lange Lebensdauer auf. Die angegebenen Betriebsstunden können natürlich je nach Anwendung abweichen und sind als ungefähren Anhaltspunkt zu betrachten.
Besonders der hohe Verstärkungsfaktor von 100 hat die Elektronenröhre im Laufe der Zeit zu einer absoluten Ikone im Bereich der Röhrenverstärker gemacht: Viele andere Hersteller sind auf den Bauplan aufgesprungen und haben das Design kopiert, übernommen und verändert. Dabei sind unterschiedliche Varianten der ursprünglich als 12AX7 bekannten Elektronenröhre entwickelt worden – auch die 12AX7A!
12AX7A vs. 12AX7
In der einschlägigen Literatur und den begleitenden Diskussionen kursieren unterschiedliche Bezeichnungen der ECC83. Während die ursprünglich durch RCA entwickelte Triode den Namen 12AX7 (ECC83) trägt, wurden Neuentwicklungen mit der Bezeichnung 12AX7A vorgestellt. Dabei sind die Tubes untereinander austauschbar. Die heute geläufigen Elektronenröhren mit der Zusatzbezeichnung “A” sind darauf abgestimmt, möglichst rauscharm zu arbeiten. Dafür wurde die Heizleistung angepasst und die Mikrofonie minimiert – zwei Punkte, die die 12AX7A bzw. ECC83 zu einer perfekten Audio-Tube machen und der Elektronenröhre die Bezeichnung “low-noise” einbrachten.
Funktionsweise der Doppeltriode
Im Grunde besteht eine Doppeltriode aus zwei einzelnen Trioden, die im Inneren eines einzelnen Glaskolbens untergebracht sind. Ein wesentlicher Vorteil dieser Bauart ist der erhöhte Verstärkungsfaktor der Elektronenröhre. Durch einen kaskadierenden Aufbau verstärken Doppeltrioden viel effizienter als einfache Triodenröhren und erreichen einen sehr viel höheren Verstärkungsfaktor.
Entstehungsgeschichte
Entwickelt wurde die 12AX7A Röhre 1948 vom US-amerikanischen Unternehmen RCA. Bereits zum Zeitpunkt der Entwicklung wurde der Nutzen der Elektronenröhren vorgedacht – die ECC83 wurde explizit für den Einsatz in Niederfrequenz-Anwendungen konzipiert. Als Gemeinschaftsprojekt von RCA, Sylvania und General Electric für das US-Militär entwickelt, wurde die Elektronenröhre bei ihrer Vorstellung als die “erste Doppeltriode für hohe Verstärkung und geringes Rauschen” beworben.
Bereits in den 1950er Jahren fand die Elektronenröhre dann ihren Weg in die Hi-Fi Welt und später in die ersten Gitarrenverstärker. Dabei setzten die meisten Hersteller (Hi-Fi wie Instrumental) auf eine weiterentwickelte Variante der ECC83, die vom Philips-Mullard Konzern hergestellt wurde – Tubes dieser Produktionsreihe sind heute unter den begehrtesten Sammler-Röhren überhaupt zu finden.
Von den ersten Fender Tweed-Style Amps über Verstärker von VOX und Soldano bis hin zu modernen Marshall DSL100 Amps – die Verstärkerröhren des Typs 12AX7A finden sich in derart vielen Amps, dass sie gewissermaßen zum Prototypen einer idealen Vorstufenröhre wurde. Und das bis heute – denn die 12AX7A ist eine der wenigen Tubes, die seit ihrer Markteinführung ununterbrochen produziert wird!
Einsatzmöglichkeiten und Verwendung
Von frühen Fender Tweed-Modellen bis zu modernen Röhrenverstärkern – die Doppeltriode wird noch immer als Standard in der Vorstufe eingesetzt. Dabei kommt die hohe Verstärkungsleistung bei vergleichsweise geringem Rauschen besonders in der Vorstufe zum Tragen.
Technische Eigenschaften beim Einsatz als Vorstufenröhre
Bei der Verstärkung eines Signals mithilfe eines Röhrenverstärkers wird das Eingangssignal nicht nur angehoben, sondern auch immer ein wenig von der jeweiligen Elektronenröhre “gefärbt”. Egal, ob besonders abgestimmte Frequenzgänge, harmonische Verzerrungen oder besondere Klangbilder – eine Vorstufenröhre ist maßgeblich an der Klangbildung eines Verstärkers beteiligt. Durch die Verstärkung in der Vorstufe erhält das Signal seine Durchsetzungskraft, wird nach dem Verlassen der Vorstufe weiterbearbeitet und von den Endstufenröhren final verstärkt. Sprich: Jede Nuance, die eine Vorstufenröhre dem Signal mitgibt, wird am Ende des Schaltkreises nochmals verstärkt. So ist es kein Wunder, dass sich die besonders harmonisch auflösende 12AX7A besonders häufig in Gitarrenverstärkern findet.
Klangliche Möglichkeiten
Die 12AX7A oder ECC83 ist ein wahres Multitalent, wenn es um den Sound geht. Grundsätzlich kann die Doppeltriode alles – von sanften, bluesigen Klängen bis zu harten Distortion-Sounds ist hier sehr viel möglich. Durch die hohe Verstärkungsleistung bietet die Röhre dabei einen enormen Headroom bei einem breiten Frequenzspektrum. Bei dieser Röhrenvariante besteht deswegen die Möglichkeit, lange Zeit im Clean-Bereich zu bleiben. Geht die Röhre dann in die Verzerrung, liefert sie tighte Bässe, seidige Höhen und ein sehr breites, ausgewogenes Frequenzspektrum, welches sich sehr modular an unterschiedliche Instrumente und Effektgeräte anpassen lässt.
Unverwüstlich und unverzichtbar bis zum heutigen Tag
Die 12AX7A-Röhre ist ein absoluter Klassiker unter den Elektronenröhren und wird beinahe unverändert seit der Markteinführung 1948 produziert. Moderne Varianten der Röhre finden sich in Amps aller namhaften Hersteller (Marshall, Fender, Engl, Diezel, Soldano, etc.). Originale Bauteile aus alten Produktionslinien, sogenannte NOS (New Old Stock) Bauteile lassen sich Sammler mittlerweile eine schöne Stange Geld kosten. Dabei ist der Sound der ECC83 Triode durchaus variantenreich und nicht auf ein bestimmtes Genre festgelegt. Lang schon hat sich aber die besonders harmonische Verzerrung der ECC83 bei Gitarristen herumgesprochen und eigentlich jeder individuelle Gitarrensound lässt sich durch eine hochwertige Doppeltriode aufwerten.
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Bildquellen:
Gitarre liegt auf einem Verstärker: © fotofabrika – stock.adobe.com